Trauma

 

Was ist Trauma?

Wenn in unserem Leben etwas zu plötzlich, zu schnell, zu viel, zu heftig oder in der Entwicklung zu früh passiert, kann es sein, dass man die Situation als lebensbedrohlich oder überwältigend erlebt. Um das Überleben in solchen Situationen zu sichern, haben wir in unserem Körper und dem Nervensystem verschiedene physiologische Programme, die dann autonom losgetreten werden: Kampf und Flucht und wenn beides aussichtslos erscheinen Erstarrung und Totstell-Reflex.

Autonom heißt in diesem Zusammenhang, dass der Körper unwillkürlich und schneller reagiert, als wir denken können. Stellen Sie sich vor, wie direkt hinter ihnen ein Luftballon zerplatzt, plötzlich, unerwartet. Reflexartig halten wir die Luft an oder ziehen die Schultern hoch und den Kopf ein, die Augen kneifen sich zusammen, unser Herz rast und vielleicht wird man sehr ärgerlich. Physiologisch passiert noch vieles mehr, was wir vielleicht gar nicht detailliert wahrnehmen: Elektrische Ladungen schießen durch unser Nervensystem, Hormone (z. B. Adrenalin) werden ausgeschüttet, um diese Ladungen aufrecht zu erhalten, Blutgefäße ziehen sich zusammen und vieles mehr. Wenn sich diese Ladungen nicht natürlich abbauen können, verfestigen sich verschiedene physiologische Zustände, die auch immer eine Auswirkung auf unsere emotionalen und mentalen Zustände haben. Für den natürlichen Abbau dieser Ladungen braucht es Zeit (, die wir uns oft nicht nehmen), eine ruhige, sichere Umgebung (, die uns dann gerade nicht zur Verfügung steht, weil wir ja „weiter funktionieren“ wollen oder müssen).

Es braucht auch das Wissen, was diesen Abbau, diese Entladung ermöglicht, ja wie es sich überhaupt zeigt: Entladungen zeigen sich als Zittern, Gänsehaut, Gähnen, Hitzeempfindungen, Schweiß, Schaudern, Bauchgeräusche, Änderung der Atmung und andere physiologische Reaktionen, aber auch in Bewegungsimpulsen, Emotionen oder Bildern.

Instinktiv würden wir uns nach dem Luftballon-Knall vielleicht zitternd ins Bett legen, uns würde heiß und kalt werden, vielleicht wäre der Impuls da sich zu schütteln bis die Ladung sich abgebaut hat, wie der Hund unter dem Sofa an Silvester.

In unserer Gesellschaft haben wir jedoch wenig Wissen und Erlaubnis für diese instinktiven, physiologischen Regulations-Möglichkeiten, die wie bei allen Säugetieren in unserem Nervensystem „eingebaut“ sind. Wir versuchen es dann oft nur über den Verstand zu regeln, uns aus diesen Zuständen „herauszudenken“ was leider nicht geht. Nachdenken, darüber sprechen und grübeln alleine bringt keine Regulation. Bleiben wir im „Kampf und Flucht“- Modus stecken, sind wir schnell aufgebracht, schnell alarmiert, über-wachsam oder misstrauisch, können nicht entspannen und sind dadurch auch extrem erschöpft.

Manche Menschen beschreiben so einen Zustand als ob „gleichzeitig Gas und Bremse getreten werden“, ein „ständiger innerer Spannungszustand, der einen zu zerreißen droht“ – daraus können dann z. B. hohe Erregungszustände und/oder auch Schlafstörungen oder unverhältnismäßige Erschöpfungszustände entstehen. Bleiben wir im „Erstarrung und Totstell-Reflex“ stecken, erscheint uns alles dumpf, spüren wir wenig, sind wir antriebslos und das Leben erscheint uns als Last und sehr anstrengend und freudlos. „Wie abgeschnitten vom Leben“ oder „neben sich, nicht bei mir“, so beschreiben es Betroffene. Diese Zustände können sich auch abwechseln. Und somit ist die Grundlage für eine unter Umständen langfristige traumatische Entwicklung gelegt.

Haben wir genügend Zeit, Unterstützung und eine sichere Umgebung, sind wir als Menschen in der Lage, solche traumatischen Erlebnisse durchaus selbständig, sprich ohne Therapie, zu verarbeiten und zu überwinden. Oftmals fehlen jedoch das Wissen und ein mitfühlendes Umfeld.

Die Meinungen und manchmal auch schon verinnerlichten Sätze wie: „Das ist doch schon so lange her…“, „Das war doch nicht so schlimm…“, „Darüber musst du doch stehen…“. „Ich weiß doch, woher es kommt…“ usw. sind leider nicht hilfreich. Immer weiter im Kopf zu analysieren und zu erklären, warum man so ist, wie man ist, führt nicht weiter. Die Antworten und die Lösungen, also das, was es ermöglicht, solche Erfahrungen zu verarbeiten, abzuschließen und zu integrieren, finden wir durch die Wahrnehmung unseres Organismus: In Körperempfindungen, innere Bilder und Hörbilder, Bewegungsimpulse, Emotionen und Gedanken.